Für Geige und Bratsche
Vibrato lernen und unterrichten
Mach aus dem Vibrato mehr als einen Zufall – mach es zur Fähigkeit
Wir beschäftigen uns mit der Frage, welche Bewegungskomplexe beim Vibrato eigentlich aktiviert werden sollten, welche Übungen sich dafür eignen und wie man insbesondere eingefahrene Bewegungsmuster gezielt und bewusst verändern kann. Unsere Zwischenergebnisse dazu sind unten in veröffentlichter Form einsehbar. Darüber hinaus werden noch nicht veröffentlichte Zwischenergebnisse auch in unseren Workshops vermittelt. Konkrete Übungen sowie methodisch-didaktische Grundlagen zum Thema „Vibrato“ – sei es zum Lernen oder Unterrichten – sind vergleichsweise selten, und vieles wird nach wie vor dem Zufall überlassen. Das ist bedauerlich, schließlich ist das Vibrato eines der wichtigsten musikalischen Ausdrucksmittel.
Im Fokus unserer Arbeit stehen die vielfältigen Möglichkeiten, wie man sein eigenes Vibrato weiterentwickeln kann und wie man Vibrato im Unterricht konkret vermitteln kann – von der Vorbereitung bis zur professionellen Weiterentwicklung.
Die wahrscheinlich zwei größten Herausforderungen beim Vibrato
Wer mehr als ein zufälliges „Wackeln“ erzeugen möchte, braucht gezielte Übungen und bestimmte Voraussetzungen. Neben grundlegender Beweglichkeit im Handgelenk, Schultergelenk (Arm) und in den Fingergelenken ist vor allem eine bewusste Regulierung des Fingerdrucks entscheidend. Zudem spielt die zunehmende Unabhängigkeit zwischen linker und rechter Hand eine zentrale Rolle.
Fingerdruck
Die Regulierung und das Ausbalancieren des Fingerdrucks sind entscheidend für die notwendige Beweglichkeit beim Vibrato. Dafür braucht es gleichzeitig eine gute Stabilität des Fingers auf der Saite. Der Finger muss also gleichzeitig fest und beweglich auf der Saite stehen, sonst kommt es zu großen, oft ungewollten Schwankungen in der Intonation.
Diese Balance aktiv herzustellen und beim Vibrato kontinuierlich anzupassen, ist eine zentrale Voraussetzung, um das Vibrato bewusst einsetzen zu können. Die gute Nachricht: Das lässt sich gezielt trainieren!
Unabhängigkeit
Die Steuerung der Vibratogeschwindigkeit – und damit die Art der Bewegung und die Charakteristik des Vibratos – beeinflusst direkt die Klangfarbe. Entscheidend dafür ist eine zunehmende Unabhängigkeit zwischen der Bogengeschwindigkeit und der Geschwindigkeit der Vibratobewegungen der linken Hand. Besteht diese Unabhängigkeit nicht oder nur unzureichend, führt ein schnellerer Bogenstrich automatisch zu einer schnelleren Vibratobewegung (und umgekehrt). Die gute Nachricht: Diese Fähigkeit lässt sich gezielt trainieren!
Armvibrato
Für das Armvibrato steht eine umfangreiche Sammlung mit 39 Übungen zur Verfügung, die von der Vorbereitung bis zur professionellen Weiterentwicklung sowohl Übenden als auch Unterrichtenden wertvolle Unterstützung und Orientierung bietet. Berücksichtigt werden dabei unter anderem Themen wie das Durchvibrieren, Vibrato bei Doppelgriffen oder Vibrato während Lagenwechseln. Die Sammlung ist vermutlich die einzige ihrer Art. Viele der grundlegenden Ideen und Übungen lassen sich auch auf andere Vibratoarten übertragen – diesen Transfer haben wir bisher jedoch noch nicht publiziert.
Impressionen
Für den Notenständer
Armvibrato
39 Übungen und 91 Variationen für Übende und Unterrichtende. Mit QR-Codes zu Videos und weiterführenden Informationen.
Online Kurs
Armvibrato
39 Übungen und 91 Variationen (100 Videodemonstrationen). Die Übungen sind die gleichen, wie im Prinheft Armvibrato.
Ansatz für Stabilität und gleichzeitige Flexibilität
Die Beweglichkeit in Verbindung mit der Stabilität des Fingers auf der Saite lässt sich besonders gut mit dem Griffbrettaufsatz üben. Alle Vibratoarten profitieren davon. Bei der Verwendung setzt sich eine Art Kette der Entspannung in Gang, die sich auch auf Arme und Handgelenke auswirkt.
Die damit verbundenen Chancen:
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Wir erlangen Entspannung während einer Bewegung, bei der das sonst nur schwer möglich ist.
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Der Fingerdruck kann auf das notwendige Maß reduziert werden.
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Die Form und Konstruktion der Noppen sorgt für die optimale Balance zwischen Stabilität und Beweglichkeit.
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Etablierte Bewegungsmuster lassen sich leichter entlernen und durch neue ersetzen.
Alternativ können auch Übungen mit dem Greifen eines Flageoletts zu einem sensibleren Fingerdruck führen. Dazu gibt es Anregungen und Möglichkeiten im Heft „Armvibrato“ sowie im Miniabo „Armvibrato“.
Mit den folgenden Schritten kannst du ganz einfach ausprobieren, wie sich der Griffbrettaufsatz beim Vibrato anfühlt.
Der Griffbrettaufsatz wird wie folgt angebracht [Video]: Für Handgelenk- und Armvibrato etwa in Höhe der 3. bzw. 4. Lage, für Fingervibrato etwas weiter in Richtung Steg. Entscheide also bereits an dieser Stelle, welche Vibrato-Art du ausprobieren möchtest.
Wähle einen Finger, positioniere in auf einer Noppe deiner Wahl und beginne sehr langsam, die Beweglichkeit der Noppen zu erkunden, indem du die Vibratobewegung einfach ausführst. Dies gilt sowohl für Arm- als auch für Handgelenkvibrato.
Beim Fingervibrato ist besonders die Beweglichkeit des Fingerendgelenks entscheidend. Platziere dafür den gewählten Finger auf einer Noppe und beginne zunächst sehr langsam, das Gelenk nach unten zu bewegen und anschließend wieder in die Ausgangsposition zurückzubringen (quasi zu federnd). Druck ist dabei nicht erforderlich.
Sobald du dich dabei wohlfühlst, kannst du mit der Geschwindigkeit experimentieren. Wir empfehlen, die Bewegung ganz bewusst „nachzuspüren“ – quasi in die Bewegung hineinzukriechen – und genau zu erspüren, wie sich der Übergang von der Fingerkuppe zur Noppe anfühlt.
An dieser Stelle passiert es oft, dass sich der Griffbrettaufsatz vom Griffbrett löst. Sofern kein anderer Grund vorliegt [siehe: Bad-Fingerboard-Day Video], liegt dies häufig daran, dass zu stark „geschleudert“ wird. Das Ziel sollte daher sein, den Griffbrettaufsatz möglichst stabil zu halten. Das Zusammenspiel von Fingerdruck und Bewegungsrichtung ist hier entscheidend! Deshalb: Krieche langsam in die Bewegung hinein und erhöhe die Geschwindigkeit nur dann, wenn du die Bewegung in Zeitlupe sehr kontrolliert ausführen kannst.
Hinweis: Unsere Erfahrung zeigt, dass dies bei einigen Personen sehr schnell gelingt, bei anderen jedoch mehrere Tage Übung erfordert.
Wenn alles bisher gut klappt, nimm den Bogen hinzu und streiche beim Vibrato zunächst auf einer (gegebenenfalls anderen) leeren Saite. Experimentiere damit, was passiert, wenn du die Bogengeschwindigkeit erhöhst – also schneller streichst: Wird die Vibratobewegung ebenfalls schneller oder bleibt sie konstant?
Für differenzierte Übungen dazu verweisen wir auf die Publikation „Armvibrato“ sowie auf die Ausführungen zum Thema Vibrato in „Best Practice“.